über das Nähen mit Gummiwürsteln
Verfasst: Montag, 27. Juni 2016, 00:44
Bei der Reise nach Kroatien hat kürzlich in der Nähe von Mariazell ein 12cm langer Nagel dringend Anschluß gesucht und meinen Hinterreifen dazu auserkoren.
Ich muss schon sagen, es ist ein mehr als nur blödes Gefühl, wenn in jeder Kurve die Fuhre dermaßen schwammig wird, dass man glauben möchte, im nächsten Moment das eigene Hinterrad zu verlieren! Nach ein paar Kurven ist auch der letzte Zweifel verflogen, das könnte evtl. nur Einbildung sein. Schließlich ist auch der aufgefräste Asphalt schon längst zu Ende, allein das blöde Gefühl ist immer noch da! Stehenbleiben, ein wenig ratlos schauen, dann den Hintermann fragen, ob ihm was aufgefallen ist. Danach Motorrad auf den Hauptständer wuchten und den Reifen inspizieren: Da grinst mir doch echt ein glatt geschliffener Nagelkopf direkt von meinem Hinterreifen entgegen!
Ich frage mich auch heute noch, wie es möglich ist, sich auf einer ebenen Straße einen geraden 120-er Nagel einzufahren. Selbst wenn schlimme Finger ihn aufrecht auf die Straße gestellt hätten, würde er doch schon durch den Fahrtwind des nächsten Autos/LKW umfallen.
Richtig anhänglich ist er, dieser Eindringling! Ohne Werkzeug kann er nur mit viel Mühe dazu überredet werden, den gerade erst eroberten Platz zu verlassen. Sogleich ist das ungeliebte "pfffff" zu hören. Nicht nötig, sich zu bücken oder das Ohr gar an den Reifen zu legen!
Nun, man fährt doch seit Jahren so ein "Reifen-Reparatur-Set" spazieren. Heute ist seine große Stunde gekommen!
Mit einer Art Reibahle (Vorstecher) wird das Nagelloch auf etwa 4 mm Durchmesser aufgeweitet. In praller Sonne ein vergnügliches Unterhaltungsprogramm. Zu meiner Begeisterung gibt der Reifen eher in gesamter Breite nach, als ein frisches Loch auch noch vergrößern zu lassen. Anfangs ist die Aufgabe somit durchaus mühsam, jetzt weiß ich auch, weshalb dieses Werkzeug so einen praktischen T-Griff hat. Werkzeugwechsel: Eine riesige Nadel (Einfädeln auch ohne Lesebrille!), wiederum mit dem bereits geschätzten T-Griff, wartet darauf, dass eines der zwischen Plastikfolien aufbewahrten Gummiwürstel zur Hälfte eingefädelt wird. Klingt so leicht, braucht "ein wenig" drücken, verformen und pressen, bis es geschafft ist. Jetzt ordentlich Kleber auf das ganze Würstel verteilen, soweit möglich auch was von dem Wundermittel in das Loch hineinpressen. Mit einem beherzten Ruck das Würstel soweit in das Reifenloch stecken, bis nur mehr 1-2 cm herausragen. Geht leichter als gedacht, der Kleber klebt (noch) nicht, er schmiert. Sehr anständig! In der Bedienungsanleitung steht jetzt lapidar: Das Werkzeug herausziehen. und was ist mit dem Würstel? Ah, das Nadelöhr ist vorne geschliffen und schneidet das Gummiwürstel beim Herausziehen einfach ab. Raffiniert! Während der Kleber abbindet (15-20 Minuten), habe ich jetzt viel Zeit, um das Werkzeug und meine Finger zu reinigen. und ich brauch sie auch: Das Zeug pickt wie der sprichwörtliche Katzendreck! Mit der beiliegenden Klinge schneide ich Kleber- und Gummiwürstelüberreste bündig ab.
Zum Aufpumpen gibt es CO2-Patronen, die über einen kurzen Schlauch (10cm mit 2 Schraubverbindungen) dem Reifen wieder auf die Sprünge helfen sollen.
Die wahre Tücke liegt im Detail: Schraubst du den Schlauch auf das Reifenventil, drückt der innenliegende Zapfen auf das Ventil und öffnet es somit (d.h. Reifendruck ade!), schraubst du die CO2-Patrone auf den vorgesehenen Schlauchanschluss, sticht der innenliegende Dorn die Patrone auf (65 bar Druck ade!). Des Rätsels Lösung (d.h. meine Variante): Schlauch bis zum ersten Widerstand auf das Reifenventil, CO2-Patrone bis zum ersten Widerstand in den Anschluss schrauben. und jetzt möglichst zeitgleich: mit 1. und 2. Hand Schlauch vollständig an das Reifenventil, mit 3. und 4. Hand Patrone bis Anschlag einschrauben! Zur Belohnung ein kurzes "pffft", das muss reichen. Schlagartig ist die Patrone eiskalt und du bist dankbar, dass diese Hand im Handschuh steckt. Weils so schön war, noch zweimal...
Danach erste Sitzprobe: Na, den Reifen drückt es ganz ordentlich, keine Rede von Idealfigur!
Zusammenräumen, aufsitzen und vorsichtig weiter zur nächsten Tankstelle.
In diesem Moment (wir sind gerade mal 50m gefahren) kommt doch wirklich so ein gelber Engel mit seinem Pannenfahrzeug um die Kurve! Wir stoppen den guten Mann, erklären ihm die Situation und er wirft den Kompressor an: Ich habe gerade mal 1,5 bar im Reifen! Er füllt auf das Soll von 2,9 bar auf. Jetzt kann ich wieder lachen.
Fazit:
Das Reifen-Reparatur-Set enthält brauchbares Werkzeug, mit dem die Reparatur leicht zu bewerkstelligen ist.
Die 3 CO2-Patronen haben gerade (!) gereicht, um den Reifen einigermaßen zu füllen. Wenn beim Füllen irgendein Hoppala passiert, ist nix mit Weiterfahren!
Ich habe mir nicht nur eine neue Tube Kleber, sondern auch ein paar zusätzliche CO2-Patronen gekauft (Doppelpack etwa 6 Euro).
Ein Freund, der dieses Unterhaltungsprogramm erst im Vorjahr genoss, ist den Reifen danach problemlos noch bis zur Verschleißgrenze weitergefahren (ich weiß: gaaanz böse, gaaanz schlecht!). Ich bin meine Tour mit meinem fast neuen Reifen nun ebenfalls weitergefahren und habe nur 1x Luft nachfüllen müssen. Einzelne Tagestouren werde ich u.U. noch fahren, vor dem Treffen gibts aber auf jeden Fall einen neuen Hinterreifen.
Ich muss schon sagen, es ist ein mehr als nur blödes Gefühl, wenn in jeder Kurve die Fuhre dermaßen schwammig wird, dass man glauben möchte, im nächsten Moment das eigene Hinterrad zu verlieren! Nach ein paar Kurven ist auch der letzte Zweifel verflogen, das könnte evtl. nur Einbildung sein. Schließlich ist auch der aufgefräste Asphalt schon längst zu Ende, allein das blöde Gefühl ist immer noch da! Stehenbleiben, ein wenig ratlos schauen, dann den Hintermann fragen, ob ihm was aufgefallen ist. Danach Motorrad auf den Hauptständer wuchten und den Reifen inspizieren: Da grinst mir doch echt ein glatt geschliffener Nagelkopf direkt von meinem Hinterreifen entgegen!
Ich frage mich auch heute noch, wie es möglich ist, sich auf einer ebenen Straße einen geraden 120-er Nagel einzufahren. Selbst wenn schlimme Finger ihn aufrecht auf die Straße gestellt hätten, würde er doch schon durch den Fahrtwind des nächsten Autos/LKW umfallen.
Richtig anhänglich ist er, dieser Eindringling! Ohne Werkzeug kann er nur mit viel Mühe dazu überredet werden, den gerade erst eroberten Platz zu verlassen. Sogleich ist das ungeliebte "pfffff" zu hören. Nicht nötig, sich zu bücken oder das Ohr gar an den Reifen zu legen!
Nun, man fährt doch seit Jahren so ein "Reifen-Reparatur-Set" spazieren. Heute ist seine große Stunde gekommen!
Mit einer Art Reibahle (Vorstecher) wird das Nagelloch auf etwa 4 mm Durchmesser aufgeweitet. In praller Sonne ein vergnügliches Unterhaltungsprogramm. Zu meiner Begeisterung gibt der Reifen eher in gesamter Breite nach, als ein frisches Loch auch noch vergrößern zu lassen. Anfangs ist die Aufgabe somit durchaus mühsam, jetzt weiß ich auch, weshalb dieses Werkzeug so einen praktischen T-Griff hat. Werkzeugwechsel: Eine riesige Nadel (Einfädeln auch ohne Lesebrille!), wiederum mit dem bereits geschätzten T-Griff, wartet darauf, dass eines der zwischen Plastikfolien aufbewahrten Gummiwürstel zur Hälfte eingefädelt wird. Klingt so leicht, braucht "ein wenig" drücken, verformen und pressen, bis es geschafft ist. Jetzt ordentlich Kleber auf das ganze Würstel verteilen, soweit möglich auch was von dem Wundermittel in das Loch hineinpressen. Mit einem beherzten Ruck das Würstel soweit in das Reifenloch stecken, bis nur mehr 1-2 cm herausragen. Geht leichter als gedacht, der Kleber klebt (noch) nicht, er schmiert. Sehr anständig! In der Bedienungsanleitung steht jetzt lapidar: Das Werkzeug herausziehen. und was ist mit dem Würstel? Ah, das Nadelöhr ist vorne geschliffen und schneidet das Gummiwürstel beim Herausziehen einfach ab. Raffiniert! Während der Kleber abbindet (15-20 Minuten), habe ich jetzt viel Zeit, um das Werkzeug und meine Finger zu reinigen. und ich brauch sie auch: Das Zeug pickt wie der sprichwörtliche Katzendreck! Mit der beiliegenden Klinge schneide ich Kleber- und Gummiwürstelüberreste bündig ab.
Zum Aufpumpen gibt es CO2-Patronen, die über einen kurzen Schlauch (10cm mit 2 Schraubverbindungen) dem Reifen wieder auf die Sprünge helfen sollen.
Die wahre Tücke liegt im Detail: Schraubst du den Schlauch auf das Reifenventil, drückt der innenliegende Zapfen auf das Ventil und öffnet es somit (d.h. Reifendruck ade!), schraubst du die CO2-Patrone auf den vorgesehenen Schlauchanschluss, sticht der innenliegende Dorn die Patrone auf (65 bar Druck ade!). Des Rätsels Lösung (d.h. meine Variante): Schlauch bis zum ersten Widerstand auf das Reifenventil, CO2-Patrone bis zum ersten Widerstand in den Anschluss schrauben. und jetzt möglichst zeitgleich: mit 1. und 2. Hand Schlauch vollständig an das Reifenventil, mit 3. und 4. Hand Patrone bis Anschlag einschrauben! Zur Belohnung ein kurzes "pffft", das muss reichen. Schlagartig ist die Patrone eiskalt und du bist dankbar, dass diese Hand im Handschuh steckt. Weils so schön war, noch zweimal...
Danach erste Sitzprobe: Na, den Reifen drückt es ganz ordentlich, keine Rede von Idealfigur!
Zusammenräumen, aufsitzen und vorsichtig weiter zur nächsten Tankstelle.
In diesem Moment (wir sind gerade mal 50m gefahren) kommt doch wirklich so ein gelber Engel mit seinem Pannenfahrzeug um die Kurve! Wir stoppen den guten Mann, erklären ihm die Situation und er wirft den Kompressor an: Ich habe gerade mal 1,5 bar im Reifen! Er füllt auf das Soll von 2,9 bar auf. Jetzt kann ich wieder lachen.
Fazit:
Das Reifen-Reparatur-Set enthält brauchbares Werkzeug, mit dem die Reparatur leicht zu bewerkstelligen ist.
Die 3 CO2-Patronen haben gerade (!) gereicht, um den Reifen einigermaßen zu füllen. Wenn beim Füllen irgendein Hoppala passiert, ist nix mit Weiterfahren!
Ich habe mir nicht nur eine neue Tube Kleber, sondern auch ein paar zusätzliche CO2-Patronen gekauft (Doppelpack etwa 6 Euro).
Ein Freund, der dieses Unterhaltungsprogramm erst im Vorjahr genoss, ist den Reifen danach problemlos noch bis zur Verschleißgrenze weitergefahren (ich weiß: gaaanz böse, gaaanz schlecht!). Ich bin meine Tour mit meinem fast neuen Reifen nun ebenfalls weitergefahren und habe nur 1x Luft nachfüllen müssen. Einzelne Tagestouren werde ich u.U. noch fahren, vor dem Treffen gibts aber auf jeden Fall einen neuen Hinterreifen.